Editorial: Keratokonus und Kontaktlinsen

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1*Pennsylvania College of Optometry at Salus University, Augen- und Sehzentrum Optometrie Cagnolati GmbH

Der französische Augenarzt Photinos Panas präsentierte im Jahr 1888 zwei Fallbeschreibungen von Keratokonus-Patienten, welche auf Basis der vom Pariser Augenarzt Kalt konzipierten „Glasschalen“ erfolgreich behandelt wurden.1,2 Eugène Kalt zählt neben Adolf Eugen Fick und August Müller zu den Erfindern der Kontaktlinse. Ohne die schon im September 1887 zur Publikation eingereichte und 1888 veröffentlichte Doktorarbeit „Eine Contactbrille“ von Fick zu kennen, beschäftigte sich Kalt als Erster vor allem mit der optischen Korrektion des im 19. Jahrhundert kaum behandelbaren Keratokonus mittels „Glasschalen“ im Durchmesser zwischen 16 mm und 22 mm, deren Krümmungsradius der Hornhautkrümmung entsprach.1,2,3 In seiner Publikation „Kalt, Keratoconus, and Contact Lens“ widmet sich der britische Optometrist Richard M. Pearson detailliert dem Leben von Kalt im Kontext der Keratokonus Behandlung.1 100 Jahre später feierte die heutige Vereinigung Deutscher Contactlinsen-Spezialisten und Optometristen (VDCO) den 100. Geburtstag der Kontaktlinse anlässlich ihrer 34. Arbeitstagung vom 22. September bis 25. September 1988 im Kongresszentrum der Messe am Killesberg in Stuttgart und der Keratokonus war auch dort präsent. So referierte auf der Tagung der bekannte österreichische Augenarzt Bruno Miller über die „Kontaktlinsenanpassung bei fortgeschrittenem Keratokonus“ und der Kontaktlinsenspezialist Peter Künzel leitete das Seminar „Grundlagen der Kontaktlinsenanpassung bei Keratokonus“. Trotz operativer Optionen bei der Behandlung des Keratokonus wie zum Beispiel dem UV-Crosslinking mit Riboflavin ist die optische Rehabilitation des Keratokonus auch 134 Jahre nach den Fallbeschreibungen von Panas immer noch die primäre Versorgungsart bei Vorliegen dieser Hornhautektasie. Neue Kontaktlinsen-Geometrien und Materialen in Verbindung mit neuen Möglichkeiten in der Bestimmung der Hornhauttopographie haben die optische Rehabilitation des Keratokonus und anderer Hornhautektasien heute sicherer gemacht. Dies erfordert aber dennoch ein stetiges Wissens-Update.

Dem versucht die vorliegende OCL mit drei aktuellen diesbezüglichen Publikationen gerecht zu werden. Hierzu gehören die Themen:

  • Biomechanik der Cornea bei Keratokonus und weiteren Hornhautektasien
  • Neuanpassung von formstabilen Kontaktlinsen bei Keratokonus und bei eingeschränkter Kontaktlinsentoleranz
  • Anpassung einer Skleral-Kontaktlinse zur visuellen Rehabilitation bei einem fortgeschrittenem Keratokonus und Zustand nach „MyoRing“-Implantation

Aber auch der „Einfluss phospholipidhaltiger Augentropfen auf das Abtrocknungsverhalten weicher Kontaktlinsen“ hat für die tägliche Praxis eine hohe klinische Relevanz, weshalb wir uns freuen, unseren Lesern auch diese Publikation präsentieren zu können.

Viel Spaß beim Lesen der OCL


Literaturverzeichnis

[1] Pearson, R. M. (1989). Kalt, Keratoconus, and Contact Lens. Optom. Vis. Sc., 69, 643-646.

[2] Brachner, A. (1988). Hundert Jahre Kontaktlinse – Vom Lesestein zur Kontaktlinse. Vereinigung Deutscher Contactlinsenspezialisten, Wenschow- Franzis, München.

[3] Kalt, E. (1888). Traítement optique du cératocone; in: Ann. d’oculistíque, Juni,p. 293fff.